TB 78: Jagd – Fliegender Fuchs
Ein Foto und seine Geschichte: Jäger bringen Fuchs zum „Fliegen“. Ein außergewöhnliches Foto*1 wurde das „Bild des Monats“ in der Zeitschrift Der Jäger 2/2013.
Es zeigt im Vordergrund zwei Jäger mit ihren Waffen im Anschlag, einen Knieenden von hinten, einen Stehenden in Einviertel-Ansicht. Das Foto stammt vom 23jährigen Eike Mross, der als Admin von www.jagderleben.de versichert, dass das Foto nicht gestellt gewesen sei. Also alles real. Aus künstlerischer Sicht gibt es drei Mal einen fast perfekten Goldenen Schnitt.
Aber von Anfang an: Mross behauptet, der Fuchs sei „geflogen“, weil jemand, der den Fuchs zu packen bekam, sich aus Selbstschutz gedreht habe und dann der Fuchs „ein Stück flog“. Wer sich das Bild ansieht, wird staunen, was für ein Hüne dieser Mann gewesen sein muss, wenn nach bloß einer drehenden Armbewegung der Fuchs noch immer – bei diesem „Schnappschuss“ geschätzte fünf Meter – noch immer geschätzte vier Meter in der Höhe (ein Jäger schätzt die Höhe auf zehn Meter, siehe Kommentare) – von einem möglichen Versteck entfernt ist.
Auch die parat stehenden Schützen erwecken nicht den Eindruck, als stünden sie dort schon seit Stunden oder Minuten, sondern quasi in Position nach einem lauten „Ich üb‘ jetzt Hammerwurf mit einem Fuchs, Schuss frei!“ was im Jägerjargon vermutlich andere Worte findet.
Aber von ganz vorne. Dieser Mross war das erste Mal bei einer sogenannten Baujagd dabei – hat aber lediglich mit der Kamera geschossen. Im Rahmen einer regulär durchgeführten „Baujagd“ sei auch dieser „Kunstbau“ bejagt worden: Es wird „Hund rein geschickt“, der in der Regel den Fuchs zum Flüchten veranlasst, so dass er draußen geschossen werden kann (das nennen Jäger „sprengen“). Nun war es aber so, dass drei Füchse in einem Bau steckten. Eine Situation, die niemand der vor Ort Anwesenden bisher erlebt habe. Obwohl zum Beispiel auf Herstellerseiten für „Kunstbauten“ eindeutig davon die Rede ist, dass dies einer der Vorteile ist:
„Im MESTER Fuchs-Kunstbau stecken sich nicht selten mehrere Füchse. Auch dann bleiben die Sprengzeiten unter zwei Minuten. Reviere mit MESTER-Kunstbauen konnten die Jahresstrecken an Füchsen erheblich steigern, meist verdoppeln und manchmal sogar vervielfachen.“
Noch deutlicher:
„Die Baujagd mit Erdhunden und wenigen guten Schützen wird besonders im Winter, wenn die Bälge „reif“ sind, vollzogen. Steckt der Fuchs im Bau – zur Ranzzeit können das auch mehrere sein – sprengen Erdhunde das Raubwild und bringen es so den Jägern schussgerecht vor die Flinte“ (Deutsche Jagdzeitung online zum Thema „Füchse sprengen“).
Davon wussten die Leute also nichts – mindestens vier an der Zahl: zwei Schützen, ein Sprenger, ein Kameramann. Alle waren überrascht, dass mehr als ein Fuchs im Bau war. Aber lassen wir Mross weiter berichten:
„Nun war es aber so, dass drei Füchse in einem Bau steckten. Eine Situation, die niemand von uns bisher erlebt hatte. Der Hund war also eingekeilt zwischen drei Füchsen. Wir konnten den Hund also nicht mehr herausbekommen. Deswegen haben wir [also mindestens fünf Leute anwesend] den Kunstbau an einer Stelle aufgebrochen. Ein Jäger konnte einen Fuchs greifen und heraus ziehen.
Dieser flog nicht! Er landete keine zwei Meter weiter auf dem Feld, wurde dann aber [aber? Die anderen wurden „unsauber erlegt“?] sauber erlegt. Bei dem zweiten verlief es genauso. Nur der dritte war sehr bissig. Und um nicht gebissen zu werden, musste der Jäger sich drehen, wodurch der Fuchs ein Stück flog. Keine zwei Sekunden nach dem Landen wurde auch dieser Fuchs sauber erlegt.“
Und die Moral von der Geschicht?
Erst einmal ist interessant – so denn die Threadbeiträge in Jägerforen sowohl authentisch als auch repräsentativ sind –, dass einhellig die Meinung herrscht, dass es zwar eine coole Aktion und ein tolles Bild sei, dass man dies aber nicht der breiten Öffentlichkeit präsentieren solle/dürfe. Daraus lernen wir, dass in „Forst und Flur“ Dinge geschehen, die wir uns nicht vorstellen können und vielleicht auch gar nicht wissen wollen.
Zum anderen ist interessant, dass diese – offensichtlich selbst bei Jägern höchst umstrittene Praxis – von einem Jagd-Fachmedium geehrt wurde. Daraus lernen wir, dass selbst Profis die so hoch angepriesene „Weidgerechtigkeit“ entweder nicht kennen oder nicht anerkennen und dass alles egal und legitim ist, solange der Jagende Spaß dran hat.
Gesetze sind nur für die anderen… und bei Tierleid wird höchstens an den eigens zum Morden abgerichteten Jagdhund gedacht. Und auch das oft nicht. Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt, findet Geschichten von „Erdhunden“, die von Schrotkugeln durchlöchert wurden, weil die Fuchsmörder keine Sekunde warten konnten, bis der Hund einen oder zwei Meter Abstand vor dem aufgescheuchten Fuchs erreichen konnte.
Fußnote:
[1] www.jagderleben.landlive.de/images/433607
Dieses Foto wird im Internet heiß diskutiert. Was Tierschützer und Tierrechtler darüber sagen und denken, können wir uns alle vorstellen. Es gibt auch Aufrufe, Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten und als Zeugen den Fotografen zu nennen. Ich möchte ein paar Sätze zitieren, die von Jägerseite kommen, hier: www.jagdforum24.eu:
- Hunting in Norway: „Was ist falsch [im Original mit 26 Fragezeichen]? Das ist Jagd! Diesen ganzen weichgespülten Blödsinn kauft uns doch eh keiner ab. Jagd ist brutal, blutig und agressiv. Punkt. Da werden Praktiker aus dem Leben zitiert und alles zieht sich zurück.“
- Trueman: „Zu dem Foto kann man nur gratulieren. […] Leider ist dies ein Foto, welches die Jagd wieder mal in ein schlechtes und falsches Licht stellt. 1. Muss ein Fuchs, auch in dieser Situation,
nicht zehn Meter durch die Luft fliegen. 2. Muss solch ein Foto nicht in die breite Öffentlichkeit getragen werden.“ - Wolpertinger: „Dieses Foto schlägt auf Facebook sehr hohe Wellen wobei sich zu 99 Prozent Jagdgegner zu Wort melden! Leider wurde das Foto (wie immer) von sogenannten Tierschützern vollkommen aus jeglichem Zusammenhang gerissen, um die Jagd zu verunglimpfen […]. Leider verliert die Gattung Mensch scheinbar immer mehr den Bezug zur Natur… wie kann man sich sonst den Anstieg der Jagdgegner erklären.“
Die Redaktion des Jagdforums schließt den Thread: „Radikale sind uns nicht länger willkommen. Deren Beschimpfungen, die Unflätigkeit und Aggression haben sicher auch bei Euch Spuren hinterlassen. Nicht wir Waidmänner, sondern die Jagdgegner wollen anderen ihre Lebensweise aufzwängen. Wer von Euch auch immer Morddrohungen und Beleidigungen erhalten hat, sollte sich überlegen, ob er Rechtsmittel einlegt. Dass das unselige Fuchs-Foto für derartiges Unglück gesorgt hat, tut uns besonders leid. Lasst uns im Dialog bleiben, um die Jagd in ein besseres Licht zu rücken – bei den Leuten, die offen dafür sind – und nicht bei gewaltbereiten Öko-Faschisten!“
Symbolbild lebender Fuchs: pixabay
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